Die Zuweisung von Arbeiten, die nicht mit den Aufgaben unserer Stellenbeschreibung zusammenhängen, das Fehlen kostenloser medizinischer Untersuchungen am Arbeitsplatz, die Weigerung, die von uns geleistete Mehrarbeit zu bezahlen, wenn wir einen abwesenden Kollegen vertreten – dies ist nur ein kleiner Teil der Arbeitsverstöße in Bulgarien, geht aus dem Jahresbericht der Konföderation der unabhängigen Gewerkschaften Bulgariens (KNSB) hervor.
Nahezu 20.000 Meldungen über Unregelmäßigkeiten wurden den Gewerkschaften im ganzen Land vorgelegt. Es ist gängige Praxis, dass Arbeitgeber ihren Mitarbeitern nicht erlauben, ihren vollen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen oder ihnen während des Urlaubs/Krankheitsurlaubs zusätzliche Arbeit zuweisen. Die KNSB schlägt vor, ein „Recht auf Unerreichbarkeit“ einzuführen. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber nach Ende des Arbeitstages keine Aufgaben zuweisen oder Untergebene anrufen sollte. Der Vorschlag geht auf einen Bericht von fast 200 Personen zurück, die angegeben haben, dass sie nach Feierabend per E-Mail und Telefon Aufgaben erhalten. Das erklärte der Vizepräsident des KNSB, Todor Kapitanow, in einem Interview mit Plamen Kozew von BNR Widin.

„Der Missbrauch gegenüber Arbeitnehmern, die weiterhin Überstunden leisten, ohne dass diese gesetzlich geregelt sind und daher rechtmäßig bezahlt werden, nimmt immer mehr zu. Immer häufiger müssen Arbeitnehmer über die vorgesehene Zeit hinaus, auch an Feiertagen und Wochenenden und sogar während ihres Krankenurlaubs arbeiten. Das liegt auch daran, dass es in allen Bereichen immer weniger Personal gibt. Die Arbeit nimmt zu und dementsprechend muss sie jemand erledigen. All das geht jedoch auf Kosten der Gesundheit und der Freizeit der Arbeitnehmer. Und es gibt eine gesetzliche Obergrenze für die Arbeitszeit, die bei einer 5-Tage-Woche 40 Stunden pro Woche betragen sollte“, sagte Todor Kapitanow.

Laut dem Jahresbericht der KNSB mangelt es nicht an Berichten über Belästigung am Arbeitsplatz und sogar über Drohungen seitens der Arbeitgeber. Ist das normal?
„Das Europäische Übereinkommen über Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt sollte dringend ratifiziert werden, um solche Fälle zu verhindern. In unserem Arbeitsgesetzbuch gibt es immer noch keine Definition der Begriffe „Belästigung“ und „Gewalt“, wenn jemand diese gegen einen Arbeitnehmer ausübt. Deshalb sollte das Gesetz ganz klar und deutlich festlegen, welche Verantwortlichkeiten und welche Strafen in solchen Fällen drohen. Meistens geschieht das in kleinen Siedlungen, wo die Menschen keine große Wahl haben, wo sie arbeiten können, was die Arbeitgeber ausnutzen“, so Todor Kapitanow.

Die Bulgaren nutzen massenweise nicht ihre Arbeitspausen, leisten Mehrarbeit und erhalten nicht die ihnen zustehenden Zuschläge... Das führt zu Überlastung und Stress am Arbeitsplatz, stellt die KNSB fest. Doch haben die Arbeitnehmer in unserem Land in den letzten Jahren begonnen, ihre Rechte häufiger einzufordern? „Absolut ja!“, sagte Todor Kapitanow und fügte hinzu:
„Und das liegt auch an den Informationskampagnen, die die Gewerkschaften monatlich zu den verschiedenen Arten von Verstößen durchführen. Ich denke, die Menschen sind sich zunehmend über den Ernst der Lage in unserem Land bewusst, da es zwar Vorschriften gibt, diese aber nicht eingehalten werden. Die Arbeitnehmer müssen wissen, dass es im ganzen Land genügend Quellen und Gewerkschaftsstrukturen gibt, bei denen sie sich darüber informieren können, was für Rechte zu haben und was sie tun sollten, wenn sie das Gefühl haben, dass diese verletzt werden“, sagte Todor Kapitanow abschließend.
Zusammengestellt von Weneta Nikolowa auf der Grundlage eines Interviews von Plamen Kozew BNR Widin.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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