Zu Beginn der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts erklangen in Bulgarien drei Lieder, die bis heute beliebt sind. 1970 wurde „Eine bulgarische Rose“ des Komponisten Dimitar Waltschew in der unverwechselbaren Interpretation von Pascha Christowa mit dem ersten Preis beim Internationalen Festival für Popmusik „Goldener Orpheus“ ausgezeichnet.
Im selben Jahr nahm die Legende Emil Dimitrow seinen eigenen Hit „Mein Land, mein Bulgarien“ auf. Kurz darauf erschien „Unser liebes Heimatland“, bekannt durch die ersten Worte des Textes des Dichters Iwan Genow: „Lieber Reisender, junger Reisender“. In den letzten Jahrzehnten ist der Name ihres Komponisten – Dimitar Petkow (1919–1997) – fast in Vergessenheit geraten, vermutlich wegen seiner beeindruckenden Karriere:

Bis zum 10. November 1989 bekleidete er wichtige Führungspositionen im kulturellen Leben des sozialistischen Bulgariens. Er wurde mit den höchsten Orden und Titeln ausgezeichnet. Petkow war Autor zahlreicher populärer Massenlieder, musikdramatischer Werke, Oratorien, Kantaten, Suiten, Orchesterwerke, Kammermusik, über 1.000 Chor- und Kinderlieder sowie Filmmusik. Seine Rhodopen-Lieder nach Volksdichtungen gehören zum festen Repertoire bulgarischer Chöre, doch manche Titel seiner Oratorien und Kantaten wie „Du bist in unseren Augen, Pionierbewegung“, „Septemberlegende“, „Kantate der Freundschaft“ oder „Kommunisten“ wirken heute befremdlich.
Gleichzeitig komponierte Petkow viele wunderschöne Kinderchöre und Solominiaturen, meist nach Gedichten bekannter bulgarischer und internationaler Poeten.
Sein einziger populärer Hit hatte eine komplexe Entstehungsgeschichte. Das Original von „Lieber Reisender“ wurde zunächst als Kinderchorlied mit einem Text geschaffen, der den ideologischen Anforderungen der damaligen Zeit entsprach. Junge Menschen von heute würden die Doppelmoral einer Botschaft an einen „jungen Reisenden, der die große Welt sehen möchte“ wohl kaum verstehen. Bis zum Jahr 1989 war es für die meisten Bulgaren kaum möglich, ein solches natürliches Verlangen zu erfüllen.

Die Kinderchorfassung von „Unser liebes Heimatland“ fand Anklang beim Publikum, und Dimitar Petkow entschied, das Lied auf die populäre Bühne zu bringen – mit niemand anderem als Lea Iwanowa! Nach Ansicht des Komponisten würde der Text gerade mit ihrer Stimme nicht plakatartig klingen. Diese Wahl zeugte von feinem Geschmack und großem Professionalismus, doch die „Volksmacht“ hielt Lea – die unvergleichliche „Primadonna des Swings“ – für völlig ungeeignet.
1972 nahm Lea Iwanowa das Lied von Dimitar Petkow auf Schallplatte auf. Die Aufnahme wurde in den Dokumentarfilm „Lea singt und lacht“ des Regisseurs Grischa Ostrowski integriert. Doch die Behörden „arrestierten“ den Film, der erst im Jahr 2000 erstmals vom Bulgarischen Nationalen Fernsehen ausgestrahlt wurde.
In der biografischen Buchausgabe von Lea Iwanowa „Ich hätte zwei Leben haben müssen“ wurde die Notenausgabe von „Unser liebes Heimatland“ mit einer persönlichen Widmung des Komponisten Dimitar Petkow veröffentlicht.
Nach dem Verbot der Aufnahme mit Lea gab Petkow nicht auf und vertraute das Lied – in einem neuen Arrangement von Najden Andreew – der jungen Sängerin Ani Pawlowa an. Anfang 1973 erklärte das Bulgarische Nationale Fernsehen „Unser liebes Heimatland“ zur Melodie des Jahres – einer der seltenen Fälle, in denen die Meinungen der Fachjury und des Publikums vollkommen übereinstimmten. Der patriotische Schlager brachte der bis dahin unbekannten Ani Pawlowa nicht nur landesweite Popularität und die Liebe des Publikums, sondern auch den Ehrentitel „Verdiente Künstlerin“. Mit ihrer schönen und sanften Stimme wurde das Lied zu einer Art inoffizieller Nationalhymne.
Autorin: Zwetana Tontschewa
Übersetzt und veröffentlicht von Lyubomir Kolarov
Fotos: pixabay, BTA / Archiv
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